Dieses Mal haben wir uns für den Bionatural Bio Fairtrade Kaffee-Espresso by J. Hornig entschieden. Eines deutet sich bereits jetzt an: Doppelt und dreifach Nennungen werden im Verlauf unseres Tests eine Art Programm sein. Denn der Röster entspricht nicht dem Verkäufer.
J. Hornig ist eine große und bekannte Familien-Kaffeerösterei aus Graz, Österreich. Die Manufaktur wurde bereits 1912 gegründet – man kann also getrost von einem Traditionsunternehmen sprechen. Der Fokus beim Kaffeerösten liegt neben der Reinheit der Rohstoffe, vor allem auf der Präzision bei der Herstellung – das ist zumindest die Unternehmensphilosophie. 2012 – passend zum 100-jährigen Firmenjubiläum – wurde das Unternehmen an Sohn Johannes Hornig IV übergeben. Die Marke mit den drei kultigen Sultan-Köpfen (oder eher Männern mit Afros?) stellt sich aktuell neu auf – dazu gehört vor allem ein neues frisches Design und eine noch klarere Positionierung in Richtung Premiummarke. Eine schonende Trommelröstung anstatt einer industriellen Heißluftröstung soll den Anspruch des Unternehmens weiter unterstreichen und dem Espresso eine besondere Aroma-Note verpassen. Der Röstvorgang wurde für den späteren Einsatz mit Kaffeevollautomaten optimiert – ideal für unsere Bedingungen. Ein Effekt der Trommelröstung soll außerdem die Reduzierung der Bitterstoffe sein. Das können wir so leider nicht bestätigen, aber mehr dazu im Fazit.
Wer jetzt im Hornig Online-Shop verzweifelt nach „Bionatural Espresso“ sucht, wird allerdings nicht fündig werden. Denn der Vertrieb von Kaffee mit der Bezeichnung „Bionatural“ findet ausschließlich über den deutschen Vertriebspartner Business Coffee mit Sitz in München statt und befindet sich somit auch im Eigentum des mittelständischen Unternehmens aus Bayern. Vielleicht entspricht der „Espresso Creme – Alles Bio“ von J. Hornig dem „Bionatural“ von Business Coffee, vielleicht aber auch nicht. Was wir damit sagen wollen: Das alles ist im ersten Moment recht schwer nachzuvollziehen. Deshalb sind wir quasi gezwungen in diesem Test sowohl den Röster als auch den Vertriebspartner vorzustellen. Die Business Coffee GmbH versteht sich als alternativer Anbieter von exklusiven Kaffeesorten und Bio-Teemischungen sowie Zubehörartikel rund um Kaffee und Tee. Wenn man die Bionatural-Röstung bestellt, kauft man demnach bei Business Coffee, die wiederum den Kaffee bei J. Hornig rösten lassen. Wir hoffen, damit ist die Sachlage nun klar geworden.
Die Namensgebung „Bionatural“ kommt nicht von ungefähr. Der Kaffee ist sowohl fair gehandelt als auch ökologisch korrekt angebaut. Zum Beweis trägt die unscheinbare grün-weiße Verpackung ein Bio-Gütesiegel (SLK AT-BIO-501) und das Fairtrade-Logo. Angebaut und geerntet werden die Arabica-Bohnen übrigens in Kolumbien, Guatemala und Honduras. Dafür verantwortlich ist wiederum J. Hornig. Darüber hinaus wurde die Rösterei in diesem Jahr IFS zertifiziert, was für die Qualität von Verpackung und Produktion steht. So heißt es auf der firmeneigenen Website:
“Beim IFS-6.0-Standard handelt es sich um einen strengen Sicherheits- und Qualitätsstandard, der weit über den gesetzlich vorgegebenen Qualitätskriterien hinausgeht. Dazu werden unsere Produkte laufend durch ein internes sowie externe, akkreditierte Labore während des Produktionsprozesses überwacht und geprüft.“
Das Unternehmen wurde lange Zeit einer holistischen Umstrukturierung unterzogen. Die Zertifizierung ist somit ein Meilenstein in der Entwicklung der Rösterei, die erst vor kurzem die Produktionsstätte renovierte und ebenso hohe Investitionen tätigte, um die Marke an sich präsenter zu machen. So kann man sich sicher sein, dass man beim Kauf des Kaffees nicht nur ein fair gehandeltes Produkt erwirbt, sondern zudem auch eines, dass strengsten Qualitätskontrollen unterzogen wurde. All dies rechtfertigt auch den vergleichsweise höheren Preis – 17,99€ für 1kg bei amazon – im Vergleich zu Standardprodukten aus dem Einzelhandel.
Honduras und Guatemala sind zwei aneinandergrenzende Staaten in Zentralamerika, während die Republik Kolumbien im Norden von Südamerika liegt. Alle drei Anbaugebiete sind primär durch tropisches Klima gekennzeichnet. Kolumbien selbst weist vier unterschiedliche Klimazonen auf – abhängig von der Höhe über dem Meeresspiegel im jeweiligen Distrikt, herrscht in der Republik tropisches Klima, gemäßigtes Tropenklima, kalttropisches Klima oder hochalpines Gletscherklima. Kaffee zählt für die beiden Staaten Honduras und Guatemala zu den Hauptexportgütern. Jedoch wird in Honduras nur ein Drittel der eigentlich geeigneten Anbaufläche dazu genutzt Kaffeebäume zu pflanzen, da die wirtschaftliche Lage der Kleinbauern oft so angespannt ist, dass jene sich schlichtweg kein Land leisten können, während Großbauern ihr Gut nicht für solche Zwecke nutzen. Die klimatischen Bedingungen wären jedoch perfekt für den Anbau hocharomatischen Kaffees. Kolumbien gilt als viertgrößter Kaffee-Produzent – das schwarze Gold des Landes zählt zu den qualitativ besten der Welt. Primär wird der Kaffee hier in drei Provinzen auf modernen Plantagen angebaut: Departamento de Caldas, Departamento de Risaralda sowie Departamento del QuindÃo.
Andere Tests und Rezensionen berichten darüber, dass der Kaffeegeschmack sehr stark von der jeweiligen Kaffeemaschine abhängig sein soll. Das erklärt vielleicht die eher durchwachsenen Ergebnisse, die wir nur bestätigen können. Der Geschmack wurde von den meisten Kaffee.org-Testern als eher bitter empfunden ohne jedoch zu sehr auf die Geschmacksnerven zu schlagen. Das Körpergefühl wurde zwar als gut, aber mit einer leichten Tendenz zur Wässrigkeit eingestuft. Genau das ist eigentlich das Dilemma: Schraubt man die Aroma-Taste nach oben, wird der Kaffee zwar weniger wässrig, dafür aber bitterer. Will man den Kaffee weniger bitter bekommen, wird er wässriger. Der frisch aufgebrühte Kaffee verströmte ein malziges Aroma, das recht angenehme nach leicht angebrannten Toast duftete. Nicht schlecht. Alles in allem, ist der Bionatural ein guter Kaffee. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.