Der kalte Koffein-Kick: Seit fünf Jahren ist der Cold Brew nun im Mainstream angekommen. Während der Trend anfangs noch von der konservativen Fraktion der Kaffeefans als Hype belächelt wurde, ist inzwischen längst klar: Cold Brew ist weit mehr als kalter Kaffee. Okay, objektiv betrachtet ist es genau das – Kaffee, der nicht mit heißem Wasser aufgebrüht wird, sondern für dessen Zubereitung kaltes Wasser in den Filter gegossen wird. Aber aromatisch sorgt das für einen Unterschied wie Tag und Nacht. Denn auch wenn das kalte Wasser ca. 90% des Geschmacks aus den Bohnen zieht, hat Cold Brew 70% weniger Säuren und Bitterstoffe als normaler Kaffee. Dadurch treten genau die Aromen in den Vordergrund, die qualitativ hochwertige Bohnen ausmachen. Schokoladige und nussige Geschmäcker, Fruchtige Elemente und Zitrusnoten, florale und süße Aromen – Cold Brew verleiht der Geschmacksvielfalt des Kaffees eine neue Bühne. Und auch wenn Laien einen guten Cold Brew oft gar nicht als Kaffee identifizieren, geht es bei Cold Brew genau um die Vielseitigkeit, die Kaffeeliebhaber wie uns so begeistert.
Aber auch geschmackliche Schönheit hat ihren Preis. Während ein normaler Filterkaffee in nur ca. vier Minuten durch den Filter tropft, dauert die Extraktion – also der Vorgang, bei dem das Wasser den Geschmack der Bohnen annimmt – beim Cold Brew mindestens acht Stunden. Die gute Nachricht: Diese Arbeitet erledigt der Cold Brew von alleine, sobald man ihn einmal angesetzt hat. Und ist der Cold Brew erst einmal fertig, hält er sich problemlos bis zu zwei Wochen in eurem Kühlschrank frisch.
Für die besten Cold Brew Rezepte haben wir uns Unterstützung aus Garmisch-Partenkirchen, dem Disneyland für alle Wintersportler, geholt. Hier kennt man sich nämlich nicht nur mit Kälte aus, sondern auch mit Kaffee. Die Wildkaffee Rösterei zählt zu den besten Röstereien Deutschlands und den absoluten Favoriten unserer Redaktion. Zusammen mit ihnen haben wir für euch den ultimativen Cold Brew Guide zusammengestellt, in dem wir euch acht Schritte zum perfekten Cold Brew präsentieren.
Schon bei heiß aufgebrühtem Kaffee gilt unter Kaffeeliebhabern oft die Faustregel: Eine gute Bohne erkennt man daran, dass der Kaffee auch abgekühlt noch schmeckt. Kalt extrahiert kommen die Aromen der Bohne noch einmal in einer ganz anderen Komplexität zum Ausdruck. Geschmacklich bedeutet Cold Brew: weniger Säure und Bitterstoffe und dafür umso mehr Frucht- und Frischearomen. Während der billige Kaffee aus dem Supermarktregal meist nur durch Säure und Bitterstoffe überhaupt vom Gaumen als Kaffee identifiziert werden kann, hebt Cold Brew also genau die Geschmäcker hervor, die einen guten Kaffee ausmachen. Wir empfehlen deshalb für den ultimativ erfrischenden Geschmack eine helle bis mittlere Filterkaffeeröstung. In welche Geschmacksrichtung die Kaffeebohnen gehen sollen, könnt ihr dabei frei entscheiden. Cold Brew funktioniert sowohl mit süßen Noten wie Schokolade und Karamell als auch mit eher fruchtigen Kaffeebohnen. Falls ihr neu im Kaffee-Game seid und noch einmal ein kurzes Update braucht, worauf ihr beim Röstgrad achten solltet, findet ihr hier unseren Artikel über die Unterschiede zwischen den verschiedenen Röstgraden.
Mit ihr steht und fällt der Geschmack eines jeden Kaffees: die Bohne (Bild: Nadia Valko)
Wenn ihr für die richtigen Bohnen entschieden habt, steht ihr vor der nächsten Frage: der Frage nach dem richtigen Mahlgrad. Hier empfehlen wir einen groben Mahlgrad in Richtung French Press (vielleicht ein klein bisschen feiner). Das hat einen ganz pragmatischen Grund: Je länger der gemahlene Kaffee extrahiert wird, desto stärker löst er sich auf. Bei Cold Brew dauert der Extraktionsvorgang Stunden. Wenn ihr also eine fein gemahlene Mischung nehmt, überextrahiert der Kaffee und euer Kaffeesatz ist am Ende eine einzige Matschepampe. Das macht nicht nur die Reinigung umständlich, sondern setzt auch wieder die Bitterstoffe frei, die Cold Brew eigentlich herausfiltert. Statt einem Erfrischungsgetränk würde das Endergebnis hier eher herb wie ein körperreicher Espresso schmecken. Fazit: Bei Cold Brew lieber grob mahlen.
Jetzt wisst ihr also, wie ihr den Kaffee mahlen solltet, aber wieviel Kaffee muss man eigentlich für die Zubereitung eines Cold Brews mahlen? Hier gilt die Faustrege, dass das Mischverhältnis in etwa 1:10 betragen sollte. Heißt: 100 Gramm Kaffee auf 1 Liter Wasser. Das ist allerdings nur eine Faustregel. Das perfekte Mischverhältnis hängt natürlich auch davon ab, wie stark ihr euren Cold Brew mögt und welche Kaffeesorte ihr verwendet. Mögt ihr’s gern stark, könnt ihr die Menge auch problemlos auf 150 Gramm erhöhen. Kurz gesagt: Probieren geht übers Studieren.
Weit mehr als kalter Kaffee: der perfekte Cold Brew (Bild: Daniel Curran)
Ganz wichtig: Ungefiltertes Leitungswasser kann euch euren Cold Brew kaputtmachen. Vor allem in Großstädten wie München oder Köln ist in Leitungswasser nämlich viel Kalk und auch Spuren von Chlor enthalten. Das behindert die Extraktion und verfälscht den Geschmack des Cold Brews. Während ihr bei normalem Kaffee die Extraktion durch die Wärme beschleunigt und deshalb auch ungefiltertes Leitungswasser verwenden könnt, ist das Geheimnis von Cold Brew, durch langes Warten dafür zu sorgen, dass das Wasser die Aromen des Kaffees annimmt. Und das funktioniert nur, wenn das Wasser weich bzw. kalkfrei ist. Wir empfehlen deshalb, für Cold Brew immer gefiltertes Wasser zu verwenden.
Für die Zubereitung von Cold Brew könnt ihr eigentlich ein beliebiges, abdeckbares Gefäß benutzen. Wie gerade schon erwähnt, ist der fertige Cold Brew am Ende auch einige Tage haltbar. Es bietet sich deshalb an, ein größeres Gefäß wie z.B. eine Karaffe zu verwenden, um dann auch ein paar Tage etwas davon zu haben. Beliebt sind hier aber auch immer wieder die stylishen Ball Manson Jar Gläser oder die Retrovariante, das Weckglas.
Habt ihr ein Gefäß gefunden, könnt ihr einfach den gemahlenen Kaffee hineingeben, mit dem kalten Wasser aufgießen und einmal gut umrühren, damit der Kaffeesatz sich verteilt. Dann müsst ihr das Gefäß nur noch mit Frischhaltefolie abdecken und die Extraktion kann beginnen.
Jetzt fragt ihr euch vielleicht: Wenn das so einfach geht – wofür brauche ich dann einen Cold Brew Maker? Solltet ihr zu echten Cold Brew Fans werden und mit jedem Grad auf dem Thermometer auch euer Durst auf Cold Brew steigen, dann ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich einen Cold Brew Maker anzuschaffen. Denn auch wenn ihr euch jetzt vielleicht noch fragt, wozu man bei so einer simplen Zubereitung ein neues Gerät anschaffen sollte: Mit einem Cold Brew Maker könnt ihr euch viel Arbeit und Abfall sparen. Bei dem Gerät handelt es sich nämlich um eine Art All-In-One-Lösung all der Utensilien, die ihr zur Zubereitung von Cold Brew benötigt. Heißt: Es ist ein verschließbares Gefäß mit eingebautem Filter bzw. Sieb, das man nach der Zubereitung nur kurz abspülen muss und dann jederzeit wiederverwenden kann. Einen guten Cold Brew Maker bekommt ihr bereits für einen Preis ab 20€, also unser Tipp: Wenn ihr zum Cold Brew Fan werdet, ist der Cold Brew Maker ein Muss.
Wir haben euch bereits gewarnt: Ein guter Cold Brew dauert. Er dauert lange. Sehr lange. Je nachdem, wie stark der Kaffee extrahieren soll, solltet ihr ihn 8-24 Stunden ziehen lassen. Hier sagen wir immer: Je länger ihr den Kaffee extrahieren lasst, desto länger habt ihr was davon. Denn je länger die gemahlenen Bohnen im Wasser extrahieren, desto geschmacksintensiver und dichter wird der Cold Brew. Wenn ihr lang genug abwartet, entwickelt sich der Cold Brew also zu einer Art kräftigem und öligem Kaffee-Konzentrat, das dann als Basis für eine ganze Palette an Erfrischungsgetränken dienen kann.
Ihr könnt den Kaffee sowohl bei Raumtemperatur als auch im Kühlschrank ziehen lassen. Grundsätzlich gilt: Je wärmer die Umgebungstemperatur, desto schneller extrahiert der Kaffee. Heißt: im Kühlschrank dauert die Extraktion ein wenig länger. Wir empfehlen euch daher, den Kaffee im Kühlschrank mindestens zwölf Stunden extrahieren zu lassen. An der Stelle allerdings ein kleiner Warnhinweis an alle Koffein-Junkies: Wenn man das Gefäß in den Kühlschrank stellt, hat der Cold Brew am Ende ein bisschen weniger Koffein, weil mit steigender Wärme auch mehr Koffein freigesetzt wird.
Wie wir euch oben bereits erklärt haben, hat auch der Mahlgrad einen Einfluss auf die Extraktionszeit. Fein gemahlener Kaffee extrahiert schneller, weshalb nicht nur eine zu feine Mahlung zur Überextraktion führen kann, sondern auch zu langes Warten. Deshalb solltet ihr euch auf jeden Fall einen Wecker stellen, damit ihr den Cold Brew nicht am Ende im Kühlschrank vergesst wie es früher gelegentlich über die Sommerferien mit Pausenbroten im Schulranzen passiert ist.
Ist die lange Wartezeit endlich um? Dann wird es Zeit, zu probieren. An der Stelle machen sich die Vorzüge eines Cold Brew Makers bemerkbar. Benutzt ihr einen Cold Brew Maker, müsst ihr nur den Filter herausnehmen und der Cold Brew ist servierfertig. Habt ihr ein anderes Gefäß benutzt, muss der Kaffee erst noch gefiltert werden. Dazu sind grundsätzlich alle üblichen Filtervarianten möglich. Da bei Papierfiltern durch die lange Einweichzeit des Kaffees aber schnell die Poren verstopfen können, raten wir zu Stofffiltern, die man zwischenzeitig auswaschen kann. Wenn ihr den Kaffee auf Zimmertemperatur habt ziehen lassen, um nicht zu viel Koffein zu verlieren, lohnt es sich außerdem, die Karaffe nach der Extraktion noch einmal zum Abkühlen in den Kühlschrank zu stellen. An besonders heißen Tagen kann es sich zusätzlich noch auszahlen, eine Eiswürfelform mit dem Cold Brew aufzufüllen und ins Gefrierfach zu stellen. Sollten eure Drinks dann später etwas länger in der Sonne stehen, verlieren sie so nicht an Geschmack.
Fürs erste Tasting empfehlen wir euch, den Cold Brew einmal in der Puristen-Variante zu probieren und höchstens ein paar Eiswürfel hinzuzugeben bzw. – je nachdem, wie konzentriert euer Cold Brew ist – ihn ein bisschen mit Wasser zu strecken. In dieser puren Variante testet ihr die Aromen-Zusammensetzung bzw. Stilistik, die die von euch gewählte Kaffeesorte im kalten Extraktionsprozess entwickelt. Sollte die pure Variante noch nicht ganz eurem Geschmack entsprechen, wisst ihr, dass ihr das nächste Mal eine andere Bohnensorte wählen solltet.
Hat euer Cold Brew das Tasting bestanden, könnt ihr anfangen, zu zaubern. Ob mit Sprudelwasser und Zitronensaft, mit einem guten Tonic Water aufgegossen, oder als Latte-Getränk: Der Auswahl, was ihr jetzt aus dem Cold Brew macht, sind keine Grenzen gesetzt. Um euch die Entscheidung ein bisschen leichter zu machen, findet ihr hier die fünf Favoriten der Wildkaffee Rösterei:
Affogato Fans aufgepasst: Cold Brew eignet sich ideal, um ihn auf einer Kugel Vanilleeis zu servieren. Einfach das Cold Brew Konzentrat mit einem Schuss Milch strecken, eine Kugel Vanilleeis dazugeben und fertig ist der lecker-cremige Vanilla Brew.
Adffogato-Fans lieben ihn: den Vanilla Brew (Bild: Tony Liao)
Der Ginger Brew ist die optimale Abkühlung für Fans von Ginger Beer. Unser Rezept: Eiswürfel ins Glas geben, dann 1/3 des Glases mit einem Ginger Beer eurer Wahl füllen (bei uns ist es das von Bundaberg), die restlichen 2/3 mit eurem Cold Brew aufgießen und das Ganze dann mit einer Scheibe Limette und einem Minzblatt servieren.
Gerade kein Ginger Beer im Haus? Dann könnt ihr den Drink auch mit Tonic Water zubereiten. Wichtig ist nur, dass ihr hier nicht die zuckersüße Billigvariante aus dem Supermarkt-Regal nehmt, sondern ein qualitativ hochwertiges Tonic Water, das die komplexen Aromen des Cold Brews nicht verdrängt, sondern erfrischend aufsprudelt. Dazu noch einen Spritzer Agavendicksaft und etwas Zitronenzeste und der Tonic Brew ist servierfertig.
Klingt für experimentierfreudige Kaffee-Enthusiasten vielleicht erst einmal ein bisschen langweilig, ist aber alles andere als das und hat seinen Klassiker-Status geschmacklich auf jeden Fall verdient: Der Cold Brew mit Milch. Vor allem, wenn ihr euch für Bohnen mit einem schokoladig-nussigen Aroma entschieden habt, ist der Cold Brew mit Milch oft der bessere Eiskaffee. Besonders spannend wird dieser Drink aber erst, wenn ihr statt der klassischen Milch zu einer nussigeren Alternative wie Mandelmilch greift, die besonders gut mit euren Bohnen harmoniert.
Der bessere Milchkaffee: Cold Brew mit Milch (Foto: Eiliv-Sonas Aceron)
Ihr mögt es lieber fruchtig? Dann ist der Fruity Cold Brew euer Drink! Hier wird die Hälfte des Glases mit Cold Brew gefüllt und die andere Hälfte des Glases mit Fruchtsäften aufgegossen. Unsere Lieblingskombination ist hier das Duo aus Maracuja- und Grapefruitsaft, bei dem sich Säure- und Bitternoten perfekt ergänzen. Wieder auf Eis serviert und für die Gourmets mit Orangenzeste garniert und fertig ist das frische Fruchtgetränk.
Luca ist nicht nur ein talentierter Barista, sondern auch ein leidenschaftlicher Blogger, der es versteht, seine Liebe zum Kaffee in mitreißenden Artikeln zum Ausdruck zu bringen. Er nimmt die Leser mit auf eine Reise durch die Welt des Kaffees, stellt neue Röstereien vor, teilt seine neuesten Entdeckungen und gibt wertvolle Tipps zur perfekten Zubereitung.
Als engagierter Kaffeekenner achtet Luca auch auf Nachhaltigkeit und ethischen Konsum. Er widmet sich Themen wie fairem Handel, umweltfreundlichen Anbaumethoden und unterstützt lokale Kaffeebauern und -produzenten.